Bevor ich versuche, meine Gedanken irgendwie zu sammeln und zu ordnen, um eine kleine aussagekräftige Einleitung zuschreiben, was mir eh nicht in einem normalen Zeitrahmen gelingen wird, verzichte ich lieber darauf und schreib sofort los.



Ich habe heute das Gefühl nicht richtig wach zu werden. Irgendwie bin ich müde, aber nicht so müde, dass ich schlafen könnte, wenn ich es denn wollte. Ich dachte, es würde vielleicht helfen, wenn ich joggen gehe. Bei dem kalten, regnerischen Wetter wird man sicher wach, wenn man dazu noch Sport treibt. Doch es hat weder gegen meine Müdigkeit, noch gegen meine innere Unruhe geholfen. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl durch einen dünnen Schleier zu sehen und egal wieviel ich mich anstrengte, ich bekam ihn nicht weg.

Heute ist das Gefühl, nicht wirklich in der Realität anzukommen viel stärker als sonst. Und das obwohl ich 30mg Medikinet morgens und 20mg mittags nehme.
Aber irgendwie steig ich heute nicht durch. Nicht, das das ungewohnt wäre, aber selten, dass es durchgehend der Fall ist. Ich fühle mich durch irgendwas beunruhigt, so auf die gleiche Weise, wie wenn ich aus dem Haus gehe und das ungute Gefühl habe, etwas wichtiges vergessen zu haben. In dem Fall schau ich alles durch, ob etwas fehlt und auch wenn alles da ist, verschwindet dieses Gefühl nicht, obwohl ich immer und immer wieder schaue und bestätige, dass alles da ist.

Aber ich habe heute nichts zu erledigen, nichts was ich vergessen kann.
Eigentlich wollte ich mir heute einen ganz ruhigen Tag machen. Ich wollte mich nicht stressen oder hetzen. Also beschloss ich, dass ich heute die meiste Zeit in meinem online rpg hängen werde. Normalerweise mach ich das ganz gern (auch wenn das 'normalerweise' schon einige Wochen her ist). Es gelingt mir nur nicht mehr, ruhig vor dem PC zu sitzen. Ich suche jede Kleinigkeit um aufstehen zu können. Dann wusel ich nervös durchs ganze Haus, räum irgendwelche Dinge auf oder finde irgendwas, womit ich mich dann länger beschäftige, bis mir wieder einfällt, dass ich doch eigentlich spielen wollte. So ging es heute natürlich auch.


Eines meiner Grundprobleme ist ja: Wie kann ich entspannen?

Seit ich Medikinet nehme, ist es sogar noch schwieriger geworden. Nein, es ist definitiv nicht das falsche Medikament für mich, es wirkt Wunder in anderen Bereichen.
Aber ich habe fast 100% meiner wachen Zeit, das Problem, dass ich unruhig bin. Körperlich und seelisch. Ich kann nicht 'abschalten', mich entspannen, mich beruhigen. Ich schaffe es nicht die Geschwindigkeit in meinen Gedanken abzubremsen.
Wenn einige Dinge zu fest vorgeschriebenen Zeit am Tag zu erledigen habe, bin ich schon gestresst, bevor der Tag angefangen hat. Ich steiger mich so in die Gedanken 'habe ich was vergessen?', 'habe ich das richtig gemacht?', 'Werde ich das nächste rechtzeitig schaffen?', 'Was genau ist zu tun?', hinein, dass ich irgendwann total den Überblick verliere. Ich brauch Pausen dazwischen. Aber solange ich was zu erledigen habe, kann ich keine Pause machen, vorallem, wie soll ich die Gedanken die sich aufdrängen vermeiden? Oft bin ich dann so fertig, dass meine Stresstoleranz in den Minusbereich sinkt und ich das Gefühl habe, dass ich gleich zusammenbreche oder irgendeine Sicherung rausfliegt.

Aber auch ohne feste Termine,bin ich nicht ruhiger.
Abends zB: Freunde treffen(zum reden, Film schaun, essen) ist zu langweilig. Fernseh/Filme schaun ist zu langweilig. Buch lesen ist zu langweilig. Entspannt baden gehen ist zu langweilig.
Also wusel ich entweder nervös umher und suche irgendwas zu tun, oder ich zocke. Ich kann ja nichteinmal im selben Raum bleiben, wenn ich darauf warte, dass die Scheibe Bort fertig getoastet ist, oder das Wasser kocht, oder die Mikro fertig ist. Und dann sagt mein Therapeut mir, ich muss mich mehr mit mir selbst beschäftigen. Ja wie denn?

Abgesehen davon, dass ich nicht weiß, wie ich das anstellen soll, würde ich mich liebend gern mehr mit mir selbst auseinandersetzen, wenn es mir dann besser gehen würde. Aber was soll ich da entdecken? Was soll mir dabei klar werden? Oder fangen wir mal damit an: Wie soll ich meine Gefühle identifizieren? Wenn ich in mich reinhorche und versuche achtsam mitzubekommen, was gerade mit mir los ist, habe ich immer den Eindruck ich blicke auf das Chaos und das streckt mir die Zunge raus. Am liebsten würde ich den Therapeuten an der Hand nehmen, dorthin führen wo er auf mein Gefühlschaos blicken kann und mit dem Finger draufzeigen, um dann ganz stumpf zu fragen: " Was ist das?"
Vielleicht weiß ich ja wirklich nicht, was es ist. So ungefähr, wie wenn eine Machine kaputt geht, ich beim Hersteller anrufe und der mich dann am Telefon fragt, was denn kaputt sei. Ich habe aber keine Ahnung von der Machine, ich weiß nur, dass sie kaputt ist. Selbst wenn ich reinschauen würde, hätte ich erstens keine Ahnung wie das Innenleben aussieht, wenn es funktioniert und zweitens könnte ich aus mangel an Fachbegriffen nur ganz wage beschreiben, was ich überhaupt sehe. Und dann sagt der Mensch am Telefon zu mir: " Ja, wenn sie nicht wissen was kaputt ist, kann ich ihnen nicht helfen."
Wenn ich dann in die Bedienungsanleitung schaue, um mir den Aufbau der Machine verständlich zu machen, verlier ich mich in Details, verfolge die Dinge die nicht kaputt sind, verstehe manches nicht oder finde die Verbindung zu dem Gesamten nicht, verliere irgendwann den Überblick und werde panisch.

Eigentlich könnte ich sagen, dass ich genau an diesem Punkt bin. Nachdem ich DBT gemacht habe, dachte ich erst ich verstehe mich und manche Situationen besser und könnte tatsächlich besser mit mir umgehen. Nur um direkt danach festzustellen, dass ich absolut den Überblick und die Orientierung verloren habe.

Aber hey, immerhin habe ich in der Zeit meine ADHS Diagnose bekommen. Ich glaube langsam, das war das Produktivste am DBT.